Kirchenvater Johannes Chrysostomos (344–407) packte seinen gesamten Judenhass in folgende Aussage: »Die Synagoge ist ein Hurenhaus, ein Seelenverderb, eine Lasterstätte, das Teufelsasyl, die Satansburg, die Versammlung der Christusmörder. Gott hasst euch!«
Augustinus (354–430) äußerte sich etwas zurückhaltender: »Lasst sie unter uns leben,
aber lasst sie leiden und beständig erniedrigt sein.« Er sah im Verräter Judas das
Abbild des jüdischen Volkes.
Durch die enge Verbindung von Kirche und Staat wurden den Juden bald viele bürgerlichen
Rechte entzogen und die Ausübung ihres Glaubens erheblich erschwert. Die Kreuzritter
um das Jahr 1100, die das Heilige Land aus den Händen der Mohammedaner befreien sollten,
begannen schon im eigenen Land mit der Ermordung zahlreicher Juden. Der Judenmord
wurde zur wohlgefälligen Tat gegenüber Gott und die Schwerter wurden für die Schlacht
im Heiligen Land mit Judenblut »geweiht.«
In der Zeit nach den Kreuzzügen lebten die übrig gebliebenen Juden als Außenseiter
der Gesellschaft oder Kammerknechte des Kaisers. Da ihnen die Ausübung der meisten
Berufe verboten war, arbeiteten sie als Geldverleiher, was sie bei den Christen noch
verhasster machte.
Juden wurden für alles zum Sündenbock gemacht. Man beschuldigte sie des Ritualmordes,
der Brunnenvergiftung und der Hostienschändung. Sogar für den Ausbruch der Pest wurden
sie verantwortlich gemacht. Sie starben auf dem Scheiterhaufen, wurden zu Tode gequält
und auf grausamste Weise ermordet. 1348, als die Pest ausbrach, war das Schicksal
von über 200 Gemeinden in Deutschland die völlige Vernichtung.
Jahrhunderte vor dem Judenstern der Nazis waren die Juden zum Tragen eines Judenhutes
oder eines gelben Ringes an der Kleidung als Kennzeichen gezwungen. Darüber hinaus
mussten sie oft von der Gesellschaft abgesondert in Ghettos leben.
Martin Luther (1483–1546), der große Reformator, war den Juden gegenüber zuerst wohlwollend eingestellt. Als sie sich nach seinen Anstrengungen nicht bekehrten, schwenkte er um und verfasste sein Traktat »Von den Juden und ihren Lügen.« Darin schrieb er: »Verbrennt ihre Synagogen und Schulen. Verbietet ihren Rabbis, unter Androhung der Todesstrafe und von Verstümmelung, zu unterrichten.« Es ist nicht verwunderlich, dass Luthers Worte von den Nazis im Dritten Reich gerne zitiert wurden.
An der Stadtkirche in Wittenberg befindet das antijüdische Motiv der Judensau.. Dort predigte Martin Luther. Er bezog sich in einer Schmähschrift von 1546 auf das Relief: »Hinter der Sau steht ein Rabbi, der hebt der Sau das rechte Bein empor.« Anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 gab es eine Diskussion darüber, ob dieses Zeugnis des Antisemitismus von der Kirche entfernt werden sollte.
Die Nationalsozialisten in Deutschland waren es, die den Antisemitismus zum traurigen Höhepunkt führten. Nachdem die Juden am Anfang des Jahrhunderts in die Gesellschaft integriert waren und sogar im Ersten Weltkrieg fürs deutsche Vaterland kämpften, machte sich in den 1920er Jahren ein neuer, schrecklicher Antisemitismus breit, der von der systematischen Hetzpropaganda der Nazis geschürt wurde.
Die Kirchen, deren Traditionen mit Judenhass geschwängert waren, sahen dem Treiben Hitlers tatenlos zu. Nur einige wenige Christen halfen den Juden und sprachen sich gegen die Grausamkeiten aus. Auch die Nachbarländer schwiegen lange, als die deutsche Tötungsmaschinerie schon Abertausende von Juden umgebracht hatte. Die Juden, die ins Ausland flüchten wollten, wurden häufig abgewiesen und nach Deutschland – ins sichere Verderben – zurückgeschickt.
Die »Endlösung« – Erschießung, Erhängung und die schließliche Vergasung und Verbrennung in deutschen Konzentrationslagern – kostete über die Hälfte aller europäischen Juden das Leben: sechs Millionen starben.