Die PLO (Palästinensische Befreiungs-Organisation) wurde 1964 mit dem Ziel gegründet, den jungen Staat Israel zu zerstören, um die arabischen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren zu lassen und die arabische Herrschaft im Nahen Osten komplett zu machen. Der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, war klar und eindeutig: Krieg und Terror.
Jahrzehntelang war Terrorismus das einzige Mittel des »Befreiungskampfes« der Palästinenser. In aller Welt und in Israel waren jüdische Opfer das Ziel. Auf die internationale Bühne trat der palästinensische Terror im September 1972, als während der Olympiade in München elf Israelis ermordet wurden.
Der von den Palästinensern als »Freiheitskampf« bezeichnete Terrorkrieg gegen den Staat Israel unternahm damals auf schreckliche Weise seinen Schritt an die Öffentlichkeit: Vor einem Millionenpublikum spielte sich ein Geiseldrama ab, das in der Geschichte bisher beispiellos war und die Spiele des Friedens zum Schauplatz einer kriegerischen, gewaltsamen Auseinandersetzung machte.
Die Katastrophe geschah am 5. September, dem elften Tag der Sommerolympiade, die zum ersten Mal nach 1936 wieder in Deutschland ausgetragen wurde. Adolf Hitler hatte damals die Spiele in Berlin für nationalsozialistische Propaganda und Machtdemonstrationen missbraucht. Nach Hitler, dem größten und schrecklichsten Judenmörder aller Zeiten, waren nun, 27 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wieder Juden die Opfer. Natürlich waren diesmal nicht Deutsche als Täter beteiligt. Doch trotzdem, so zeigte der Ablauf des Geiseldramas, waren die deutsche Regierung und die Polizei nicht unschuldig am katastrophalen, tödlichen Ausgang des Terrorakts von Arafats PLO-Kämpfern.
Um vier Uhr morgens kletterten acht palästinensische Terroristen über die Zäune des Olympischen Dorfes und drangen in das Quartier der israelischen Sportler ein. Ein Athlet wurde sofort umgebracht, einer konnte im Kugelhagel fliehen, ein weiterer verblutete im Zimmer, in dem neun weitere Israelis festgehalten wurden. Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von über 200 politischen Gefangenen aus israelischen, deutschen und österreichischen Gefängnissen bis zwölf Uhr mittags.
Zwei nachträglich verhandelte Ultimaten liefen aus, Befreiungsversuche durch die deutsche Polizei scheiterten kläglich. Die Bundeswehr durfte aus rechtlichen Gründen nicht eingreifen, die Hilfe einer israelischen Spezialeinheit wurde abgelehnt und die GSG-9 ist erst als Folge dieses Vorfalls ins Leben gerufen worden.
Die israelische Regierung lehnte es kathegorisch ab, Gefangene freizulassen; darauf antworteten die Terroristen mit neuen Forderungen: Zusammen mit den neun Geiseln wollten sie in ein arabisches Land ausgeflogen werden.
Die deutsche Regierung beschloss daraufhin, spätestens auf dem Militärflughafen in Fürstenfeldbruck, den die Araber mit ihren Gefangenen per Hubschrauber erreichten, die Falle zuschnappen zu lassen. Scharfschützen nahmen ihre Positionen ein, doch der Befreiungsversuch wurde zum Fiasko: Eine fatale Mischung aus Inkompetenz, Unerfahrenheit, Fehleinschätzung der Lage und Pech führte zum tödlichen Finale: Man hatte mit höchstens fünf Terroristen gerechnet, doch es waren acht. Zu wenige Scharfschützen warteten auf dem Flughafen.
Trotzdem kam es zum Schusswechsel. Nur ein Terrorist wurde sofort getroffen. Die anderen sprengten nach einer längeren Schießerei den ersten Hubschrauber, in dem ein Teil der gefesselten Geiseln saßen, mit einer Handgranate in die Luft. Die restlichen Geiseln im zweiten Hubschrauber wurden mit einer Maschinengewehrsalve ermordet. Kaum 24 Stunden nach dem ersten Alarm starben neun israelische Geiseln, vier der acht Terroristen und ein deutscher Polizist, der von der verirrten Kugel eines Scharfschützen getroffen wurde. Eine Katastrophe, die für die Angehörigen um so grausamer war, als die offensichtlich verwirrten deutschen Behörden fatalerweise mitten im Kugelhagel die Botschaft von der glücklichen Rettung verkündeten.
Wenig später entführten weitere Terroristen der PLO eine Lufthansa-Maschine, die von Beirut nach Deutschland unterwegs war und erreichten die Freilassung der drei Attentäter. Zwei von ihnen wurden allerdings später vom israelischen Geheimdienst getötet.
Mit ihrem eineinhalbstündigen Film »Ein Tag im September« gelang Kevin MacDonald und Arthur Cohn ein authentisches Dokumentardrama über dieses tragische Ereignis. Der letzte überlebende Geiselnehmer, Jamal Al Gashey, den der Autor erstmals vor die Kamera holte, erzählt darin vermummt die Geschichte der Geiselnahme aus seiner eigenen Sicht. Auch Ankie Spitzer, die Witwe des getöteten Fecht-Trainers Andre Spitzer äußert sich im Film zu den Ereignissen. Das Werk wurde als bester Dokumentarfilm des Jahres 2000 ausgezeichnet.
2005 erschien Steven Spielbergs Film »München«, der die Verfolgung der Attentäter durch den Geheimdienst Mossad zum Thema hat, sich allerdings nur lose an die historischen Begebenheiten hält.
Erst nach langer Zeit des Terrors, der viele Opfer auf beiden Seiten kostete, schlug PLO-Chef Jassir Arafat einen neuen Weg ein, der ihm schließlich den Friedensnobelpreis brachte, nicht jedoch den unabhängigen Staat Palästina. Arafat suchte scheinbar Frieden mit seinen Feinden. Den Terror gab es weiterhin, aber nicht von offizieller Seite Arafats.
Die Frage war für viele Israelis, ob sich mit dem Weg auch das Ziel der PLO geändert hat. Viele Anzeichen sprachen auch weiterhin dafür, dass Arafats Ziel weiterhin ein arabischer Staat »Palästina« auf dem ganzen Gebiet Israels geblieben war, nicht ein Staat neben Israel. Peter Scholl-Latour zitierte in seinem Buch »Lügen im Heiligen Land« einen Palästinenser, der Folgendes sagte: »Fast alle hier sind für Jassir Arafat. Es gibt doch keinen anderen nationalen Führer für uns Palästinenser. Natürlich muss er taktieren und Rückschläge einstecken. Wir müssen eben behutsam vorgehen, Schritt für Schritt. Manches haben wir ja schon erreicht. Betrachten Sie nur, wie die Weltöffentlichkeit zu unseren Gunsten umschlägt. Unsere Ziele sind weit gesteckt, und am Ende wollen wir auch Haifa und Jaffa zurückgewinnen. Aber es wäre dumm und schädlich, wenn wir das an die große Glocke hingen. Arafat wird schon Wege finden, auf denen wir unaufhaltsam vorankommen.«
Nach Arafats Tod im November 2004 übernahm Mahmud Abbas die Führung der »Palästinensischen Befreiungsorganisation«. Die PLO hat allerdings in der Nach-Arafat-Ära deutlich an Einfluss verloren und die Hamas hat mittlerweile im Gazastreifen die Macht übernommen.
Jassir Arafat wurde 1929 in Kairo geboren. Nach dem Tod seiner Mutter zog er als Dreijähriger mit dem Vater nach Jerusalem. Arafat selbst gab Jerusalem als seinen Geburtsort an.
1948 trat er während seines Studiums in Kairo der fanatischen Moslem-Bruderschaft bei, die im Gazastreifen gegen jüdische Siedler kämpfte. 1959 gründete er in Kuwait die Palästinenserbewegung Fatah und trat 1965 der PLO bei. Schon vor dem Sechstagekrieg 1967 begann Arafat, Terroranschläge auf israelische Ziele zu verüben. Nach der bitteren Niederlage im Krieg meldeten sich Tausende Palästinenser bei den Terrorgruppen. 1969 wurde Arafat Chef der PLO und behielt dieses Amt bis zu seinem Tod. Die PLO-Pläne zur Revolution in Jordanien schlugen fehl: 1970 tötete König Hussein im »Schwarzen September« 10.000 Palästinenser und vertrieb Arafat nach Beirut. Dort trieb die PLO bis 1982 ihr Unwesen. 1983 wurde er während des Libanonkriegs von den Israelis nach Tunesien ausgewiesen.
Nach der Intifada 1987, den Friedensverhandlungen in Madrid 1991, die Arafat von Tunesien aus geführt hat und dem Oslo-Abkommen zwei Jahre später, wurde ihm 1994 erlaubt, nach Gaza einzureisen. Im gleichen Jahr erhielt er zusammen mit Jitzhack Rabin und Shimon Peres den Friedensnobelpreis.
Doch neben der friedlichen Seite, die er gegenüber der westlichen Öffentlichkeit zeigte, unternahm er nichts gegen weiterhin verübte Terroranschläge gegen die israelische Bevölkerung und gab sich in den arabischen Medien als harter Kämpfer gegen den zionistischen Feind.
Im Sommer 2000 fehlte nur ein Handschlag und Arafat hätte in Camp David, USA, ein Ziel erreicht: Die Gründung eines Staates Palästina. Doch er schlug das Angebot Ehud Baraks aus, der ihm immerhin über 95 Prozent des Westjordanlandes und einen Teil Jerusalems anbot. »Wollen Sie zu meiner Beerdigung kommen?« fragte er den Verhandlungsführer Bill Clinton und begründete so indirekt seine Ablehnung mit den Drohungen radikaler Palästinenser, sich nicht mit weniger als dem Grenzverlauf von 1967 zufriedenzugeben.
Im gleichen Jahr brach die Al-Aqsa-Intifada aus und nach einer Serie von Anschlägen Ende 2001 verbrachte Arafat die letzten drei Jahre seines Lebens praktisch unter »Hausarrest« in seinem Regierungssitz in Ramallah, der zudem 2002 noch zu einem Großteil vom israelischen Militär zerstört wurde. Im April 2004 hielt Ministerpräsident Ariel Scharon gar die Tötung Arafats für nicht mehr ausgeschlossen.
Arafat befand sich daher im Oktober 2004 in seinem Hauptquartier in Ramallah, als tunesische und ägyptische Ärzte eine Erkrankung bei dem 75-Jährigen diagnostizierten. Obwohl die Angaben widersprüchlich waren – Krebs, eine Viruserkrankung oder nur eine Grippe? – stimmte Israel einer Behandlung im Ausland zu und Arafat wurde am 29. Oktober nach Paris geflogen. Am frühen Morgen des 11. November teilte ein Sprecher des Krankenhauses mit, Jassir Arafat sei um 3.30 Uhr gestorben. Der französische Staatspräsident Chirac spracht dem palästinensischen Volk sein Beileid aus.
Die Trauerfeier fand am 12. November in Kairo statt, am selben Tag wurde Arafats Leichnam nach Ramallah geflogen und beigesetzt. Seinen letzten Wunsch, auf dem Tempelplatz in Jerusalem begraben zu werden, hat ihm Israel verwehrt. Justizminister Yosef Lapid kommentierte: »In Jerusalem liegen jüdische Könige begraben, keine arabischen Terroristen«.
Die aus der PLO hervorgegangene Fatah und die stärker vom fanatischen Islam geprägte Hamas wollen beide einen unabhängigen Palästinenserstaat. Der Weg zu diesem Ziel ist auf den ersten Blick unterschiedlich und auch beim Gebietsanspruch ist die Fatah wohl inzwischen gemäßigter. Die Fatah scheint auf dem Verhandlungsweg einen Staat »Palästina« auf dem Gebiet des Westjordanlands sowie des Gazastreifens erreichen zu wollen, mit (Ost-)Jerusalem als Hauptstadt. Dieser Staat würde wohl eher säkulare Strukturen haben. Ein islamischer Gottesstaat ist dagegen das erklärte Ziel der Hamas, das kompromisslos und mit Gewalt verfolgt wird. Daneben ist kein Platz für ein jüdisches Israel.
Scheikh Ahmed Yassin, Mitbegründer und geistiger Führer der Hamas, saß acht Jahre in israelischer Haft, bevor er 1997 in einem Gefangenenaustausch entlassen wurde. Am 22. März 2004 wurde er durch einen gezielten Raketenangriff der Israelis getötet. Auch sein Nachfolger Abd al-Aziz ar-Rantisi, der »Terroranschläge als legitimes Mittel im Befreiungskampf gegen Israel« bezeichnete, starb am 17. April durch »gezielte Tötung«.
Ismail Haniyya war nach dem Wahlsieg der Hamas 2006 für ein Jahr palästinensischer Ministerpräsident. Dieses Amt führte von 2013 bis 2019 Rami Hamdallah, seit April Mohammed Schtajjeh.
Staatsoberhaupt und Vorsitzender der PLO bzw. der Fatah ist nach wie vor Mahmud Abbas, der Nachfolger Arafats.
Nach dem Tod Arafats, der als Symbolfigur des »Freiheitskampfs« alle Palästinenser geeint hatte, entstand ein gewisses Machtvakuum. Der nicht funktionierende und korrupte Staatsapparat, den Arafat hinterlassen hatte, führte zum Konflikt zwischen den konkurrierenden Organisationen mit ihren unterschiedlichen Ideologien.
Nach einem sensationellen Wahlsieg der Hamas in den Autonomiegebieten am 26. Januar 2006 wurde nach einigem Hin und Her eine »Regierung der nationalen Einheit« mit der Fatah gebildet. Im Dezember 2006 verschärften sich jedoch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der beiden Organisationen.
Im Juni 2007 eskalierte die Konfrontation zwischen Hamas und Fatah und im Gazastreifen kam es zu einem wahren Bürgerkrieg. Im Verlauf der Kämpfe gewannen die Milizen der Hamas die Oberhand und übernahmen die Herrschaft über das Gebiet, das die Israelis bereits im August 2005 verlassen hatten. Der »Putsch« der Hamas stieß international auf Ablehnung, selbst der ägyptische Präsident Mubarak befürchtete einen iranischen Vorposten in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. De facto besteht seither eine Zweiteilung der Autonomiegebiete: Abbas setzte im Westjordanland eine Notstandsregierung ohne die Beteiligung der Hamas ein.