Das öffentliche Leben in Israel ist geprägt von Gegensätzen. Es sind Extreme, die dem Zusammenleben seine Form geben. Auf einer kleinen geografischen Fläche mit großer Bevölkerungsdichte treffen Kapitalismus und Sozialismus, enge religiöse Ausrichtung und Weltoffenheit, nomadische Naturverbundenheit und hochtechnisierte Arbeitsplätze, Traditionsbewusstsein und Fortschrittsglaube aufeinander.
Ungefähr 90 Prozent der Einwohner Israels leben in mehr als hundert urbanen Zentren, von denen einige an historischen Stätten der Antike errichtet wurden. Mehr als 6 Prozent der Gesamtbevölkerung sind Mitglieder der landwirtschaftlich-kooperativen Siedlungen – den Kibbuzim und Moshawim.
Insgesamt leben heute etwa 8,2 Millionen Menschen in Israel (Stand 2017). Die Bevölkerung setzt sich zusammen aus etwa 76 Prozent Juden und 24 Prozent Nichtjuden. Knapp 20 Prozent sind israelische Araber, davon sind über 80 Prozent Moslems und jeweils etwas über 8 Prozent Christen beziehungsweise Drusen.
Nicht in diesen Zahlen enthalten sind die etwa 4,6 Millionen Palästinenser (Araber), die im Westjordanland und im Gazastreifen leben.
Israels Großstädte sind:
Über 90 Prozent der Israelis leben in mehr als 100 Städten. Einige Städte befinden sich an bekannten historischen Stätten und tragen noch ihre ursprünglichen Namen, so Jerusalem, Beer Sheva, Nazareth, Ashkelon, Akko, Safed und Tiberias. Ihre Altstädte sind heute Teil neuer, sich ausbreitender Städte.
Viele vor der Unabhängigkeit gegründete Dörfer wie Chadera, Petach Tikwa, Netanya und Rechowot haben sich allmählich zu Ortschaften und größeren Städten entwickelt. Weitere Städte sind in den ersten Jahren der Unabhängigkeit hauptsächlich in wenig besiedelten Gebieten erbaut worden, um die schnell wachsende Bevölkerung aufzunehmen.
Die Gebäude in den Städten sind meist aus Stein, Beton und Stuck. Die in unterschiedlichen Stilen erbauten Gebäude reichen von restaurierten Häusern aus vergangenen Jahrhunderten und Wohnhäusern aus der Zeit vor der Unabhängigkeit bis hin zu schnell erbauten Wohnsiedlungen zur Unterbringung der vielen Menschen, die nach der Errichtung des Staates ins Land strömten. In den Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie den institutionellen Bauten der letzten Jahrzehnte kommen moderne Planungskonzepte deutlich zum Ausdruck. Die meisten Wohngebiete sind getrennt von den Gewerbe- und Industriegebieten und haben ausgedehnte, gepflegte Parkanlagen und viele Spielplätze innerhalb der Stadtgrenzen.
Jerusalem, hoch im judäischen Bergland gelegen, ist Hauptstadt und Regierungssitz Israels und das historische, geistliche und nationale Zentrum des jüdischen Volkes, seit David es vor etwa 3000 Jahren zur Hauptstadt seines Königreichs machte. Religion und Überlieferungen, heilige Stätten und Gotteshäuser ließen Jerusalem für Juden, Christen und Moslems in aller Welt zu einer heiligen Stadt werden.
Jerusalem war bis 1860 von Mauern umgeben und bestand aus vier Stadtvierteln, einem jüdischen, einem muslimischen, einem armenischen und einem christlichen. Zu jener Zeit begannen die Juden, die damals die Mehrheit der Einwohner stellten, neue Stadtviertel außerhalb der Mauern zu bauen, die später den Kern des modernen Jerusalem bildeten. In den dreißig Jahren der britischen Verwaltung (1918 bis 1948) verwandelte sich die Stadt aus einer vernachlässigten Provinzstadt des Osmanischen Reiches (1518 bis 1918) in eine blühende Metropole. Zahlreiche neue Stadtteile entstanden, jeder mit seinem eigenen unverwechselbaren durch seine Bewohner geprägten Charakter.
Nach dem arabischen Angriff auf den neugegründeten Staat Israel wurde die Stadt 1949 in einen israelischen und einen jordanischen Sektor geteilt. 19 Jahre lang riegelten Betonmauern und Stacheldraht die beiden Sektoren voneinander ab. Im Sechstagekrieg wurde die Stadt wiedervereinigt.
Heute ist Jerusalem mit mehr als 800.000 Einwohnern die größte Stadt des Landes. Altehrwürdig und modern zugleich ist sie ein Ort der Gegensätze, eine lebendige Mischung von Kulturen und Nationalitäten, religiös-orthodoxer und säkularer Lebensstile. Jerusalem ist eine Stadt, die trotz vielseitiger Probleme darauf bedacht ist, die Vergangenheit zu bewahren und im gleichen Zug auf die Zukunft zu bauen, mit sorgfältig restaurierten historischen Stätten, gepflegten Grünanlagen, modernen Geschäftsvierteln, Industriegebieten und wachsenden Vororten, die von seiner Beständigkeit und Lebenskraft zeugen.
Tel Aviv ist eine moderne Großstadt am Mittelmeer. Sie ist das Handels-, Finanz-, und Kulturzentrum des Landes. Hier haben sich die meisten Organisationen der Industrie und Landwirtschaft, die Börse, größere Zeitungen, Zeitschriften und Verlage niedergelassen. Als erste jüdische Stadt der Neuzeit wurde Tel Aviv 1909 als Vorort des antiken Jaffa, einer der ältesten Städte der Welt, gegründet. 1934 erhielt es die Stadtrechte, 1950 wurde das alte Jaffa in Tel Aviv eingemeindet.
Eine Künstlerkolonie und ein Fremdenverkehrszentrum mit Galerien, Restaurants und Nachtclubs entstanden im Gebiet um den Hafen von Alt-Jaffa.
Haifa erstreckt sich vom Mittelmeer über die Hänge des Karmel. Die Stadt ist auf drei topographischen Ebenen erbaut: Die Unterstadt, teils auf Land gebaut, das dem Meer abgerungen wurde, umfasst das Handelszentrum mit den Hafenanlagen. Die mittlere Ebene ist ein älteres Wohngebiet. Die Oberstadt besteht aus schnell wachsenden, modernen Wohngebieten mit Alleen, Parkanlagen und Pinienwäldern, von denen aus man die Industrieanlagen und die Sandstrände längs der weiten Bucht überblicken kann. Als bedeutender Tiefseehafen ist Haifa ein Drehpunkt internationalen Handels sowie das Verwaltungs- und Industriezentrum Nordisraels.
Beer Sheva liegt im nördlichen Negev an der Kreuzung der Straßen zum Toten Meer und nach Eilat. Die moderne Stadt wurde an einer antiken Stätte erbaut, die bis auf die Zeit der Erzväter vor etwa 3500 Jahren zurückreicht. Beer Sheva, die »Hauptstadt des Negev«, ist das Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum des südlichen Israel, mit regionalen Behörden, Gesundheits-, Erziehungs- und Kultureinrichtungen.
Tiberias am Ufer des Sees Genezareth ist für seine heilenden Thermalquellen bekannt. Heute ist die Stadt ein geschäftiges Touristenzentrum, in dem archäologische Ruinen neben modernen Wohnhäusern und Hotels liegen. Tiberias wurde im 1. Jahrhundert n. Chr. gegründet und nach dem römischen Kaiser Tiberius benannt. Tiberias war in der Zeit, als die Römer allen Juden den Aufenthalt in Jerusalem verboten hatten, das geistliche Zentrum des rabbinischen Judentums.
Elat ist die südlichste Stadt Israels, das Tor zum Roten Meer und zum Indischen Ozean. In dem modernen Hafen, errichtet an der Stelle, die wahrscheinlich schon zu Zeiten König Salomos als Hafen diente, wird der Handel mit Afrika und dem Fernen Osten abgewickelt. Warme Winter, eine exotische Unterwasserwelt, herrliche Strände, Wassersport, Luxushotels und direkte Charterflüge aus Europa machen Elat zu einem ganzjährigen Touristenparadies. Seit Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen Israel und Jordanien 1994 wurden gemeinsame Projekte mit der jordanischen Nachbarstadt Akaba zur Förderung des Fremdenverkehrs in der Region ins Leben gerufen.
Rund 10 Prozent der Bevölkerung Israels lebt in ländlichen Gebieten. Dort leben sie in landwirtschaftlichen Siedlungsformen – den Kibbuzim und den Moschawim – oder in einem der vielen Dörfer des Landes. 17 Prozent der israelischen Landbevölkerung sind Araber und Drusen und bilden etwa 9 Prozent der gesamten nichtjüdischen Bevölkerung Israels.
Die Häuser und das Land sind in Privatbesitz, die Landwirte bestellen ihre eigenen Felder und vermarkten ihre Erzeugnisse selbständig. In den letzten Jahren sind die Dörfer größer geworden und die Landwirtschaft ist verstärkt mechanisiert worden. Außerdem wurde an einigen Orten Leichtindustrie angesiedelt, um zusätzliche Arbeitsplätze in der Umgebung zu schaffen.
Auch heute noch leben zahlreiche Familien in der Siedlungsform, die so typisch für die Gründerzeit des jüdischen Staates ist: dem Kibbuz. Etwa 270 dieser landwirtschaftlichen Kollektivsiedlungen gibt es in Israel, wie hier der Kibbuz Nof Ginosar am See Genezareth.
Die meisten der etwa 170.000 arabischen Beduinen Israels sind keine Nomaden mehr. Etwa 60 Prozent haben einen festen Wohnsitz. Andere behalten zwar ihre traditionelle Lebensform bei, halten sich jedoch meist in einem festen Gebiet auf.
Der Kibbuz ist ein Dorf, das von allen Bewohnern gemeinschaftlich verwaltet wird. Der gesamte Besitz ist Allgemeingut der Mitglieder. Diese stellen ihre Arbeitskraft zur Verfügung und erhalten als Gegenleistung Unterkunft, Nahrung, Ausbildung, Taschengeld, medizinische und Altersversorgung. Die Einkünfte richten sich nach dem persönlichen Bedarf. Die Gemeinschaft ist auf die Grundsätze der Gleichheit, gegenseitiger Hilfe und sozialer Gerechtigkeit gegründet.
Die anfangs sehr gemeinschaftlich geprägte Organisation der Mitglieder passt sich mehr und mehr der individualistisch geprägten Umwelt an. So werden inzwischen in einigen Kibbuzim bestimmte Geldbeträge zur freien Verfügung gewährt und mehr Auswahlmöglichkeiten bei Kleidung, Einrichtungsgegenständen und Urlaubszielen angeboten. Mehr denn je zuvor haben Kibbuzmitglieder heute die Gelegenheit, eine Hochschule im Fach ihrer Wahl zu besuchen. Darüber hinaus werden die besonderen Bedürfnisse von Künstlern und Schriftstellern anerkannt und sie erhalten die Möglichkeit, ihrer schöpferischen Tätigkeit nachzugehen.
Jedes Kibbuzmitglied gehört der Generalversammlung an, dem höchsten Entscheidungsgremium im Kibbuz. Diese trifft alle prinzipiellen Entscheidungen, wählt Amtsträger, verabschiedet den Kibbuzhaushalt und bestätigt die Aufnahme neuer Mitglieder. Um Angelegenheiten wie Erziehung, Wohnungsbau, Gesundheit, Produktion, Planung und Kultur kümmern sich die von der Generalversammlung gewählten Ausschüsse.
Die ersten Kibbuzim wurden bereits 40 Jahre vor der Staatsgründung Israels von jungen, meist aus Osteuropa stammenden Zionisten errichtet. Heute gibt es in Israel rund 270 Kibbuzim. Sie stellen etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung. In einem Kibbuz leben durchschnittlich 200 bis 2000 Menschen. Sie werden Kibbuzniks genannt.
In der Zeit vor der Unabhängigkeit und in den ersten Jahren nach der Staatsgründung spielte der Kibbuz eine zentrale Rolle bei der Besiedlung, Einwanderung und Verteidigung. Als diese Zuständigkeiten von der Regierung übernommen wurden, nahm der politische Einfluss ab. Dennoch erwirtschaften die Kibbuzim auch heute noch ein höheres durchschnittliches Bruttosozialprodukt als der nicht an Kibbuzim oder Moshawim gebundene Teil der Bevölkerung.
Ursprünglich war die Landwirtschaft Hauptwirtschaftszweig der Kibbuzim. In letzter Zeit haben in vielen Gegenden benachbarte Kibbutzim ihre Ressourcen zusammengelegt und regionale Industrieunternehmen gegründet. Auch der Tourismus ist zu einem wichtigen Wirtschaftszweig der Kibbuzim geworden, deshalb unterhalten viele zusätzlich Gästehäuser und andere Freizeiteinrichtungen.
Der Moshaw ist eine genossenschaftlich organisierte Siedlung. Sie entspricht eher dem modernen Lebensstil. Jede Familie führt ihren eigenen Haushalt und bearbeitet den eigenen Boden. Häuser und Höfe sind in privatem Besitz. Maschinen und größere Geräte werden gemeinschaftlich angeschafft. Die Erzeugnisse werden von der Genossenschaft vertrieben. Der erste Moshav wurde 1921 gegründet. Die Zahl der Moshawim hat sich bis heute auf 350 erhöht. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 4 Prozent. In Moshawim leben je nach Ausprägung 100 bis 1000 Menschen.