Das israelitische Volk war in zwölf Stämme aufgeteilt, denen ein gemeinsamer Anführer fehlte. Nur in Notzeiten einten und regierten die sogenannten Richter das Volk. Immer wieder waren die Israeliten schweren Angriffen der Nachbarvölker ausgesetzt. Es war eine harte und grausame Zeit, immer wieder von schweren Gewalttaten geprägt.
Ein Zyklus, der als »Richterschema« bekannt ist, prägt die Erzählungen im Buch Richter: Israel fällt von Gott ab, wird unterdrückt, schreit zu Gott. Gott greift ein und beruft einen Richter, der dem Volk Rettung und Befreiung bringt. Israel dient Gott – bevor es wieder abfällt und der Kreislauf von neuem beginnt (siehe auch Richter 2,11–19).
Die zunehmende Bedrohung durch das Volk der Philister – einem wahrscheinlich von der Insel Kreta stammenden Seefahrervolk – das den Küstenstreifen des Landes bewohnte, ließ den Ruf nach einem gemeinsamen König laut werden. Im 11. Jahrhundert v. Chr. begann die allmähliche Vereinigung des Volkes und der Übergang zur Monarchie: Gott berief Saul und nach ihm David zum König. Diese beiden konnten das Reich festigen und die Feinde besiegen.
Unter dem gottesfürchtigen David erlebte das israelitische Volk zum ersten Mal seit seinem Bestehen Frieden, Wohlstand und Sicherheit über einen längeren Zeitraum hinweg.
König David konnte Israel durch erfolgreiche Feldzüge und Bündnisse mit Nachbarkönigreichen zu einer bedeutenden und anerkannten Macht in der Region ausbauen. Unter seiner Herrschaft erlebte Israel die größte Ausdehnung: von Ägypten bis an den Fluss Euphrat, der mitten durch den heutigen Irak fließt.
David wurde jedoch nicht nur als Kriegsherr und Stratege berühmt, sondern auch durch seine Dichtkunst und seine Liebe zur Musik. Wir verdanken ihm etwa die Hälfte der in der Bibel überlieferten Psalmen.
König Davids Sohn Salomo sollte noch größeres staatsmännisches Geschick aufweisen als sein Vater. Auch er regierte zu Anfang das Land im Gehorsam Gott gegenüber.
Salomo gilt in der jüdischen und christlichen Tradition als der weiseste König, der je gelebt hat. Seine sprichwörtliche Weisheit zog Staatsmänner aus der ganzen Welt an – am bekanntesten ist sein Zusammentreffen mit der Königin von Saba. Als Davids Nachfolger baute er Handelsbeziehungen mit der gesamten damaligen Welt auf. Israel gewann unter ihm an Macht und Ansehen wie nie zuvor und nie mehr danach. Unter seiner Herrschaft wurde auch der Tempel von Jerusalem gebaut. Salomo sicherte den Frieden und die Israeliten erlebten eine wohl einmalige Periode des Wohlstands und der Sicherheit.
Der Segen, den Gott unter der Voraussetzung verheißen hatte, dass Israel ihm gehorsam sei, war so offensichtlich, dass Salomo in seiner Tempel-Einweihungsrede als Bilanz ziehen konnte: »Gepriesen sei der HERR, der seinem Volk Israel Ruhe gegeben hat, nach allem, was er geredet hat! Nicht ein einziges Wort ist dahingefallen von all seinen guten Worten, die er durch seinen Knecht Mose geredet hat.« (1. Könige 8, 56)
Trotzdem ließ sich Salomo von seinen zahlreichen heidnischen Frauen zum Götzendienst und Abfall von Gott verführen. Gott bestrafte sein Handeln mit der Teilung des Reiches in ein Nord- und ein Südreich. Salomos Sohn Rehabeam, Davids Enkel, wurde die Herrschaft über zehn der zwölf Stämme entrissen. Nur noch der Stamm Benjamin blieb der Davidsdynastie aus dem Stamm Juda treu (1. Könige 11,30–40). Die zehn übrigen Stämme wählten einen eigenen König.
Somit existierten seit 931 v. Chr. zwei Reiche nebeneinander: Das Nordreich Israel und das Südreich Juda. Beide Reiche kehrten Gott den Rücken und verfielen den heidnischen Kulten der Nachbarvölker, insbesondere dem des Gottes »Baal«. Zudem befanden sich Juda und das Nordreich häufig im Krieg gegeneinander. Auch außenpolitisch gerieten beide Reiche wieder und wieder in Bedrängnis. Assyrien etablierte sich allmählich zur Weltmacht. Auch Syrien, Edom und die Philister starteten immer wieder Angriffe gegen beide Reiche, die schließlich unter assyrische Oberherrschaft gerieten und tributpflichtig wurden.
Während Juda durchgehend von der Davidsdynastie regiert wurde, herrschten im Nordreich während seines 200-jährigen Bestehens neun Dynastien, die oft nur jeweils einen einzigen König hervorbrachten. Ihre Regierungszeit wird in der Bibel meist nur äußerst knapp mit geringschätzigen Worten geschildert, die meisten Herrscher wurden letztlich ermordet. Nur von einem einzigen König des Nordreiches – Jehu – sagt die Bibel, er habe getan, was dem Herrn gefiel (2. Könige 10,30).
Gott berief in dieser Zeit immer wieder einzelne Menschen zu Propheten, um die Israeliten an Gottes Gesetz zu erinnern und vor den Folgen des Ungehorsams zu warnen. Er verhieß durch sie aber auch, dass er für Israel einen Erlöser schicken werde, der sie mit ihm wieder versöhnen würde. Diese Stimmen jedoch wurden in beiden Reichen ignoriert.
Das Nordreich fand nicht mehr zurück zu Gott und wurde im Jahre 722 v. Chr. von den Assyrern erobert. Seine Bewohner wurden teilweise nach Mesopotamien verschleppt. An ihrer Stelle siedelten die Assyrer Völker aus dem Osten ihres Reiches an. Dieses neu entstehende Völkergemisch wurde später als Samariter oder Samaritaner bezeichnet.
Im Südreich, wo die beiden einzigen verbliebenen israelitischen Stämme Benjamin und Juda lebten, fanden einzelne Könige immer wieder zu Gott zurück. Darum hatte Gott mit ihnen mehr Geduld als mit dem Nordreich.
Doch auch Juda wurde zunehmend gottlos. Die Wiederentdeckung des Gesetzbuches Moses unter König Josia und die sofortige Reformierung des religiösen Lebens konnten Gottes Strafe nur hinauszögern: In den Jahren 605 bis 587 v. Chr. führte Babylons König Nebukadnezar mehrere Kriege gegen Juda und eroberte schließlich die Stadt Jerusalem, zerstörte den Tempel und verschleppte das Volk ins Exil nach Babylonien. Nur die unterste Schicht der Bevölkerung durfte im Land bleiben, um es weiterhin zu bebauen.
Nachfolgende Zeitangaben siberuhen auf den Berechnungen von Edwin R. Thiele (so zu finden u.a. im »Lexikon zur Bibel« oder im Anhang zur Elberfelder-Bibel). Alternative Berechnungen nach William Foxwell Albright, Gershon Galil oder auch neu nach Roger Liebi ergeben abweichende Jahreszahlen, auch im Anhang zur Lutherbibel sind andere Daten zu finden (Reichsteilung 926 v. Chr.). Liebi datiert den Regierungsbeginn Davids gar ins Jahr 1056 v.Chr., die Reichteilung ins Jahr 975 v. Chr. Dies ist aber mit Erkenntnissen aus der Archäologie viel schwieriger in Einklang zu bringen, z.B. mit Datierungen aus Assyrien oder Tyrus.